Sonntag, 17. Juli 2011

Demo gegen NS-Kriegsverbrecher bleibt friedlich

ARTIKEL IM TAGESSPIEGEL VOM 17.07.2011

Rund 50 Menschen haben am Samstag in Reinickendorf die Auslieferung eines 91-jährigen Anwohners an Italien gefordert. Der Mann war in Italien in Abwesenheit wegen NS-Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
  
„Wir stehen hier vor Ihren Häusern, weil wir Ihren Nachbarn kennen“, schallt es von einem Demonstrationswagen mitten in einer idyllischen Reinickendorfer Reihenhaussiedlung. Der besagte Nachbar ist der 91-jährige Helmut O., ein verurteilter NS-Kriegsverbrecher, der in der näheren Umgebung wohnt. Rund 50 linke Demonstranten haben sich zu einer Kundgebung zusammengefunden. Sehr zum Erstaunen der Anwohner.
Denn von den Leuten, die in Hörweite der Kundgebung wohnen, hat niemand Helmut O. zum Nachbarn. Um die Privatsphäre von O. zu schützen, hatte die Polizei die Demonstration einige hundert Meter verlegt. Nur ein in unmittelbarer Nähe zu Helmut O.s Wohnung postierter Streifenwagen lässt die genaue Adresse erahnen. Während die Organisatoren der Kundgebung das Vorgehen der Polizei kritisieren, begrüßen einige Passanten die Verlegung. „Hier vorne an der Hauptstraße kriegen das doch viel mehr Leute mit“, bemerkt eine Frau.
Tatsächlich ernten die Demonstranten an der Lindauer Allee Ecke Klenzepfad viele neugierige Blicke. Die meisten Zuschauer haben sie wohl an den Fenstern der umliegenden Häuser, als sie über Lautsprecher von den Gräueltaten berichten, derer Helmut O. überführt sein soll. Ein Militärgericht in Italien hatte ihn im Juli zusammen mit sechs anderen Deutschen in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Ex-Wehrmachtssoldat O. soll 1944 an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen sein, bei denen mindestens 350 Zivilisten ums Leben kamen. Die Demonstranten fordern die Auslieferung des Mannes an Italien.
Die meisten Anwohner sympathisieren am Sonnabend mit der Kundgebung. Für Verwirrung sorgt einzig das zentrale Kundgebungstransparent: „Hier wohnt ein verurteilter Nazi-Mörder“, steht darauf. Im ersten Moment fürchten einige Passanten, hier würden Rechtsradikale gegen jemanden demonstrieren, der Nazis ermordet hat. Die verteilten Flugblätter können die Situation jedoch schnell aufklären. Nur einen Kritikpunkt hat ein Anwohner: „Hier müssten 1000 Leute stehen und nicht bloß 50.“

Samstag, 16. Juli 2011

Kundgebung klärte AnwohnerInnen über NS-Kriegsverbrecher in ihrer Nachbarschaft auf

PRESSEMITTEILUNG DER AG REGGIO-EMILIA

Reinickendorf: 50 TeilnehmerInnen forderten Auslieferung von Helmut O. / Polizei droht mit Ordnungsgeld

Heute vormittag versammelten sich ca. 50 Menschen auf einer lautstarken Kundgebung unter dem Motto „Keine Ruhe für NS-Täter!“ am Klenzepfad in Reinickendorf. Sie forderten die Auslieferung des NS-Kriegsverbrechers Helmut O., der seit vielen Jahren unbehelligt ganz in der Nähe des Kundgebungsortes wohnt. Es wurden Flyer an PassantInnen verteilt, die sehr gemischte Reaktionen zeigten.

Letzten Donnerstag erst drohte die Versammlungsbehörde mit einem Verbot der Kundgebung, wenn der ursprüngliche Kundgebungsort am Becherweg/Lübener Weg nicht verlegt würde – als Grund nannte sie den Schutz der Privatsphäre des verurteilten Kriegsverbrechers. Die VeranstalterInnen sahen sich daher gezwungen auf eine Kreuzung weiter weg ausweichen.

Helmut O. wurde nach jahrelangem Prozess vor wenigen Tagen am 06. Juli vom Militärgericht Verona zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der ehemalige Hauptmann und Kommandant der Flak-Batterie der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“ an mindestens drei Massakern im Frühjahr 1944 in Norditalien beteiligt war. Dabei wurden mehr als 350 ZivilistInnen ermordet – darunter zu einem großen Teil Alte, Frauen und Kinder.

„Während die Opfer der Massaker einen grausamen und würdelosen Tod erlitten, verbringen die Täter einen ruhigen Lebensabend mitten unter uns. Sie müssen sich weder den Überlebenden noch den Angehörigen der Opfer stellen. Die Verantwortung dafür trägt die deutsche Regierung.“, so Anne Lepper von den VeranstalterInnen.

Deutschland weigert sich bis heute, NS-Kriegsverbrecher ohne ihr Einverständnis auszuliefern.

Bei dem Prozess handelte es sich voraussichtlich um einen der letzten NS-Prozesse dieser Größenordnung. Insgesamt wurden sieben Deutsche zu lebenslanger Haft verurteilt, zwei wurden freigesprochen. Der Reinickendorfer Helmut O. war der Angeklagte mit dem höchsten Dienstgrad. Im gleichen Verfahren wurde die Bundesrepublik als Gesamtschuldnerin zu mehreren Millionen Schadensersatz an hunderte Angehörige der Opfer, norditalienische Provinzen und lokale Gemeindeverwaltungen verurteilt.

„Wir fordern die Auslieferung der Kriegsverbrecher und die sofortige Zahlung der Schadensersatzansprüche durch die deutsche Regierung. Die juristische Strafverfolgung der NS-Täter und die Anerkennung der von der Wehrmacht begangenen Kriegsverbrechen sind zwingende Voraussetzung, wenn Deutschland seine nationalsozialistische Vergangenheit als aufgearbeitet betrachtet sehen will. Davon sind wir jedoch noch weit entfernt!“, so Anne Lepper für die AG Reggio-Emilia.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Kundgebung darf nicht in Nachbarschaft des NS-Kriegsverbrechers stattfinden

PRESSEMITTEILUNG DER AG REGGIO-EMILIA

Aufklärung der AnwohnerInnen wird verhindert / Anwalt von Helmut O. eingeschaltet

Die Versammlungsbehörde der Berliner Polizei droht am heutigen Donnerstag mit einem Flächenverbot für die angemeldete Kundgebung anlässlich der Verurteilung des Reinickendorfers NS-Kriegsverbrechers Helmut O. Aufgrund des Schutzes seiner Privatsphäre verlangte die Versammlungsbehörde die Verlegung außerhalb des Areals zwischen Lindauer Allee, Aroser Allee, Gotthardstraße und Ollenhauerstraße. Ursprünglich war die Kundgebung an der Kreuzung Becherweg/ Lübener Weg angemeldet, sie wird nun erzwungenermaßen Lindauer Allee/ Klenzepfad stattfinden.

Die Kundgebung verliert damit gänzlich den Bezug zur Nachbarschaft des Verurteilten. Mit dem angedrohten Verbot hat die Berliner Polizei das Ziel der Aufklärung der AnwohnerInnen erfolgreich vereitelt. Zu Kompromissen war sie nicht bereit.

„Die Berliner Polizei stellt sich mit der Verbotsandrohung in eine zynische Tradition deutscher Geschichte, in der NS-Kriegsverbrecher trotz Verurteilungen nicht ausgeliefert werden und ihren Lebensabend unbehelligt in unserer Nachbarschaft genießen können, ohne sich für die von ihnen begangenen Morde verantworten zu müssen“, so Rolf Kleiber, Sprecher der AG Reggio-Emilia.

Außerdem hat sich nach Informationen der Versammlungsbehörde nun auch der Anwalt des NS-Kriegsverbrechers Helmut O. eingeschalten. Er verlangt ein völliges Verbot der Kundgebung.

Das Militärgericht Verona hat am 06. Juli neben sechs weiteren Deutschen den ehemaligen Hauptmann und Kommandant der Flak-Batterie der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“ Helmut O. zu lebenslanger Haft verurteilt. Er war an mindestens drei Massakern im Frühjahr 1944 in Norditalien beteiligt, bei denen mehr als 350 ZivilistInnen ermordet wurden – darunter zu einem großen Teil Alte, Frauen und Kinder. Der Reinickendorfer war der Angeklagte mit dem höchsten Dienstgrad.

Wir rufen weiterhin zu einer Kundgebung in der Nähe des Wohnhauses von Helmut O. auf, fordern seine Auslieferung und kritisieren außerdem die reaktionäre Politik der Berliner Polizei aufs Schärfste.

KUNDGEBUNG „Keine Ruhe für NS-Kriegsverbrecher!“
am Sa, 16. Juli um 12 Uhr Lindauer Allee / Klenzepfad

NS-Täter: Kundgebungsverbot angedroht!

Artikel aus Indymedia vom 14.07.11


Die Versammlungsbehörde der Berliner Polizei drohte am heutigen Donnerstag mit einem weiträumigen Flächenverbot für die angemeldete Kundgebung anlässlich der Verurteilung des Reinickendorfer NS-Kriegsverbrechers Helmut O. Sein Anwalt fordert darüber hinaus ein völliges Verbot der Kundgebung. Die AG Reggio-Emilia kritisiert die reaktionäre Politik der Berliner Polizei, die eine Aufklärung der AnwohnerInnen bewusst verhindert und ruft weiterhin zu Protesten so nah wie möglich am Wohnhaus von Helmut O. auf. 

Mit der Begründung des Schutzes der Privatsphäre des in einem öffentlichen Verfahren verurteilten NS-Kriegsverbrechers Helmut O. verlangte die Versammlungsbehörde der Berliner Polizei heute die Verlegung der in Reinickendorf angemeldeten Kundgebung „Keine Ruhe für NS-Kriegsverbrecher!“. Ursprünglich war sie an der Kreuzung Becherweg/ Lübener Weg - in der unmittelbaren Nähe seines Wohnhauses - angemeldet. Nun wird die Kundgebung erzwungenermaßen an der Ecke Lindauer Allee/ Klenzepfad stattfinden, außerhalb des Wohngebietes. Die Kundgebung verliert damit gänzlich den Bezug zur Nachbarschaft des Verurteilten. Ein wichtiges Ziel der Proteste ist die Aufklärung der AnwohnerInnen.

Der ehemalige Hauptmann und Kommandant der Flak-Batterie der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“ Helmut O. muss trotz der rechtskräftigen Verurteilung seine Haftstrafe nicht antreten, da der deutsche Staat ihn nicht ausliefert: Deutschland weigert sich bis heute, NS-Kriegsverbrecher ohne ihr Einverständnis auszuliefern. Die wenigsten NS-Täter wurden für ihre Taten bestraft. In Deutschland wird man nicht gerne daran erinnert, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus von Deutschen begangen wurden. Daher leben die Täter weiterhin ungestört in unserer Nachbarschaft - einer von ihnen eben auch in Berlin-Reinickendorf.

Das nun dargebotene Schauspiel deutscher Tradition fügt sich in eine Kontinuität ein, welche in Westdeutschland bereits in den 50er Jahren etliche hochrangige Nazis wieder in Posten brachte, um Polizei und Geheimdienst der BRD aufzubauen. Bis heute wird in Deutschland nur halbherzig gegen deutsche Nazis und NS-Kriegsverbrecher vorgegangen und wie nun mal wieder deutlich wird, ist sich die deutsche Polizei selbst im Jahr 2011 nicht zu schade, die Privatsphäre eines öffentlich verurteilten NS-Kriegsverbrechers über eine öffentliche Aufklärung der BewohnerInnen zu stellen. Nicht nur dass die Berliner Polizei einen verurteilten NS-Massenmörder aufgrund der Politik der Bundesregierung nicht festnehmen muss und ausliefert, sondern darüber hinaus - in scheinbar vorauseilendem preußischen Gehorsam - die von der AG Reggio-Emilia kritisierte Ruhe durchsetzt, damit er seinen Lebensabend ohne von Protesten gestört zu werden genießen kann, muss als politische Entscheidung gewertet werden. Mit dem angedrohten Verbot hat die Berliner Polizei das Ziel einer Aufklärung der Nachbarschaft erfolgreich vereitelt. Zu Kompromissen war sie nicht bereit. Außerdem hat sich nach Informationen der Versammlungsbehörde nun auch der Anwalt des NS-Kriegsverbrechers Helmut O. eingeschaltet. Er verlangt ein völliges Verbot der Kundgebung.

Protest gegen Unmenschen

Artikel aus der taz vom 13.07.11
Zu lebenslanger Haft verurteilter Kriegsverbrecher lebt in Reinickendorf. Ein antifaschistisches Bündnis will dort für seine Auslieferung an Italien demonstrieren

Am kommenden Samstag wird es am beschaulichen Becherweg im Stadtteil Reinickendorf unruhiger als sonst. Für 12 Uhr ruft ein antifaschistisches Bündnis dort zu einer Kundgebung auf. Ganz in der Nähe wohnt der 91-jährige Helmut Odenwald, der am 6. Juli vom Militärgericht im italienischen Verona zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Er ist einer von sieben Angehörigen der Wehrmachtsdivision "Hermann Göring", denen das Gericht die Beteiligung an Massakern an der Zivilbevölkerung im Frühjahr 1944 in Norditalien nachgewiesen hat. Das Gericht verurteilte den damaligen Hauptmann und Kommandanten der Flakbatterie der Division wegen der Beteiligung an drei Massakern, darunter der Tötung von EinwohnerInnen in den Dörfern Monchio, Susano und Costrignano in der norditalienischen Provinz Modena am 18. März 1944.
Nach Auseinandersetzungen mit Partisanenverbänden war die Wehrmachtsdivision in die Orte eingerückt und hatte Jagd auf Menschen gemacht. "Zuerst in dem Dorf Susano, wo die Soldaten systematisch jedes Haus, jeden Stall, jede Scheune, jeden Hofplatz durchsuchten", fasst die Journalistin und Prozessbeobachterin Marianne Wienemann die Aussagen der ZeugInnen zusammen. Die Bewohner seien auf der Stelle erschossen worden. Die jüngsten Opfer seien 3, 4 und 7 Jahre alt gewesen. In dem Ort Civiga, den die Wehrmachtsdivision am 20. März 1944 besetzt hatte, wurden an einem Tag 27 ZivilistInnen getötet und alle Häuser niedergebrannt. Weil die italienische Regierung während des Kalten Krieges die Akten in einen Geheimschrank sperrte, vergingen mehr als 60 Jahre bis zum Urteil.

Mittwoch, 13. Juli 2011

Spiegel-TV zum Verona-Prozess

Spiegel TV hat mit Angehörigen der Opfer, einem ehemaligen Mitglied der Wehrmachtseinheit "Hermann Göring" gesprochen und veröffentlicht Ausschnitte von abgehörten Telefongesprächen zwischen jetzt verurteilten NS-Tätern.

Video auf Spiegel-TV angucken

Urteilsspruch online

Hier ist der Urteilsspruch vom Veronaer Militärgericht im Original zu finden:
http://issuu.com/kobayashi/docs/cervarolo_dispositivo_sentenza_verona_winkler/23

Demo vor Haus eines verurteilten Kriegsverbrechers geplant

Artikel aus den Potsdamer Neuesten Nachrichten vom 13.07.11

Ein 91-jähriger Ex-Wehrmachtshauptmann wurde in Italien verurteilt - und lebt unbehelligt in Berlin. Linke wollen vor seinem Wohnhaus in Reinickendorf demonstrieren. 

Berlin - Idylle gilt ja immer als trügerisch – und in den ruhigen Ecken von Reinickendorf ist es sehr idyllisch. An diesem Dienstag strahlt die Mittagssonne, die Vögel zwitschern, sonst herrscht Stille. Eine Frau führt einen gelockten Hund aus, sonst ist einzig ein radelnder Postbote unterwegs. Das mit der Ruhe wird sich am Sonnabend ändern. Antifaschisten wollen in einer ruhigen Reinickendorfer Nebenstraße gegen den Anwohner Helmut O. demonstrieren. Der 91-Jährige wohnt seit Jahren in der stillen Straße, Nachbarn ist er bisher nicht aufgefallen. Die Polizei erwartet rund 50 Linke zu der Kundgebung. Das Motto: „Nazi-Kriegsverbrecher aus der Anonymität holen!“.

Dieser Zeitung sagte der Mann, ein Kriegsverbrecher sei er nicht.

Fest steht, Helmut O. war 1944 in Italien bei der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring“, die als Truppe „mit besonderem Auftrag“ gilt. Ein Militärgericht im italienischen Verona befand den 91-Jährigen und sechs weitere Wehrmachtsangehörige vergangene Woche für schuldig, im Frühjahr 1944 an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen zu sein. Dabei wurden mehr als 350 Zivilisten ermordet. Bei der sogenannten Partisanenbekämpfung hatten deutsche Einheiten ganze Orte niedergebrannt. Das Gericht verhängte eine lebenslange Haftstrafe.

In einem Haus sitzen Helmut O. und seine Frau in einem aufgeräumten Wohnzimmer. Von zahlreichen Fotos auf der Schrankwand lächeln die Enkel, Teppich und Tischdecke sind flusenfrei. Wegen des angekündigten Protestes ist Helmut O. aufgeregt. Über die geplante Kundgebung habe ihn niemand informiert. Ob die Polizei den Wehrmachtsmann schützt, sagte die Behörde am Dienstag nicht. „Ich war damals nicht dabei, ich lag mit meiner Einheit ganz woanders“, sagt er. An „Erschießungen von Zivilisten“ sei er nicht beteiligt gewesen. Das Urteil aus Italien habe er noch nicht zugestellt bekommen, von dem italienischen Richterspruch höre er das erste Mal, sagt Helmut O. Nach eigener Auskunft hatte er 1944 als Wehrmachtshauptmann bis zu 250 Soldaten befehligt.

Vor Jahren hatten ihn die deutschen Behörden auf Gesuch der Italiener allerdings ausführlich über die Ermittlungen informiert. Und auch die deutsche Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen, die in Nordrhein-Westfalen angesiedelt ist, hat parallel gegen O. ermittelt.

Montag, 11. Juli 2011

NS-Täter lebt in Reinickendorf

Artikel aus dem Tagesspiegel vom 12.07.11

Ein 91-jähriger ehemaliger Wehrmachtssoldat ist in Italien in Abwesenheit verurteilt worden - zu lebenslanger Haft. Er lebt in Reinickendorf. 

Der ehemalige Wehrmachtssoldat Helmut O., der vergangene Woche in einem der letzten großen NS-Prozesse in Italien in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, lebt in einem Wohnhaus in Reinickendorf. Ein Militärgericht in Verona befand den 91-Jährigen und sechs weitere Wehrmachtsangehörige für schuldig, im Frühjahr 1944 an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen zu sein. Dabei wurden mehr als 350 Zivilisten ermordet. Trotzdem wird der Berliner nicht ausgeliefert.
Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums wies darauf hin, dass Deutschland nur dann eigene Staatsbürger zum Haftantritt ausliefere, wenn diese dem zustimmten.
Ein Absitzen der Strafe in Deutschland wiederum sei zwar möglich, Italien müsse dazu aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So müsse den deutschen Behörden dargelegt werden, dass der Angeklagte ordnungsgemäß vorgeladen war und die Möglichkeit zur Verteidigung hatte. Ob Italien um eine Vollstreckung der Strafe in Deutschland gebeten hat, war nicht in Erfahrung zu bringen.
Am kommenden Sonnabend wollen linke Gruppen gegen den früheren Wehrmachtssoldaten vor dessen Wohnhaus demonstrieren. Helmut O. gehörte zur Division „Hermann Göring“. Während der sogenannten „Partisanenbekämpfung“ wurden von deutschen Einheiten in der Toskana und der Emilia Romagna ganze Ortschaften niedergebrannt. Die Organisatoren der Proteste am kommenden Sonnabend fordern, dass „NS-Mörder ausgeliefert werden und sich dem italienischen Gericht und den Angehörigen der Ermordeten stellen“.

Lebenslang für zweiten Niedersachsen wegen Massakern der Wehrmacht in Italien

Osnabrück/Verona. Wenige Tage nach dem Urteil im Kriegsverbrecher-Prozess um Massaker 1944 in Norditalien werden immer neue Details bekannt. Neben dem 93-jährigen Osnabrücker ist auch ein 86-Jähriger aus dem Landkreis Stade in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ihm kam die Polizei mit Telefonüberwachung auf die Spur.

Während der Osnabrücker seine Unschuld beteuert, hat der Ex-Soldat aus dem Kreis Stade nach Informationen unserer Zeitung in einem von der Polizei abgehörten Telefonat seine Schuld eingeräumt. Damit wurde im letzten großen Kriegsverbrecherprozess gegen zwei Niedersachsen die Höchststrafe ausgesprochen.

Mit dem Urteil im norditalienischen Verona scheinen sich jetzt die Akten um die Verbrechen deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg zu schließen. Die Täter sind hochbetagt oder längst verstorben, die Taten liegen rund sieben Jahrzehnte zurück. Die Morde der Wehrmacht erscheinen wie Geschichten aus einer anderen Zeit. Doch dieser Eindruck täuscht. Zumindest die Massaker der Panzer-Fallschirm-Division „Hermann Göring“ werden die Gerichte voraussichtlich noch Jahre beschäftigten.
Robert Seidler, Anwalt des 93-jährigen Osnabrücker Ex-Leutnants, rechnet damit, dass sich das Berufungsverfahren bis Ende nächsten Jahres hinziehen wird. Er werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, den Schuldspruch gegen seinen Mandanten anzufechten. Denn der 93-Jährige sei unschuldig, so Seidler. In fünf von sieben Anklagepunkten sei der Osnabrücker freigesprochen worden. Und selbst die Verurteilung auf Grundlage der anderen beiden Punkte beruhe auf der falschen Annahme, dass der Osnabrücker gewusst habe, dass Soldaten aus seiner Kompanie zu den Tötungseinsätzen abkommandiert worden seien. „Das war nicht so“, betont Seidler.

Sonntag, 10. Juli 2011

Sieben ehemaligen Soldaten der Fallschirm-Panzer-Division „Hermann Göring“ sind am 06. Juli in Italien zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Außerdem müssen sie die Kosten des Verfahrens tragen und hohe Entschädigungen an die Opfer zahlen. Die Bundesrepublik Deutschland wurde zur Gesamtschuldnerischen Haftung verurteilt.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die Verurteilten an Massakern von Einheiten der Fallschirm-Panzer-Division „Hermann-Göring“ in der Emilia-Romagna und der Toscana beteiligt waren und des gemeinschaftlich begangenen, mehrfachen, schweren Mordes schuldig sind. Verurteilt wurden: Hans Georg Karl Winkler (für die Massaker am Monte Falterona und in Mommio), Fritz Olberg, Wilhelm Karl Stark (für die Massaker in Cervarolo, Mommio und am Monte Falterona), Ferdinand Osterhaus (für die Massaker in Monchio, Susano und Costrignano und Mommio), Helmut Odenwald (für die Massaker in Monchio, Susano und Costrignano, am Monte Morello und am Monte Falterona), Alfred Lühmann (für die Massaker in Monchio, Susano und Costrignano und am Monte Falterona), Erich Koeppe (für die Massaker am Monte Morello und am Monte Falterona). Bei diesen Massakern wurde etwa 400 Zivilisten ermordet: Kinder, Alte, Frauen, Männer, unterschiedslos und oft auf grausame Art und Weise.

Kundgebung am Sa, 16. Juli 2011 in Berlin

KEINE RUHE DEN NS-TÄTERN!

Tatort: Norditalien, 1944.
Wohnort: Berlin-Reinickendorf, 2011.

Vor einigen Tagen am 06. Juli wurde ein Berliner Senior vor dem italienischen Militärgericht in Verona in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Er beteiligte sich als Angehöriger der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring” an Massakern in Nord-Italien, bei denen mehrere Hundert unbeteiligte ZivilistInnen ermordet wurden. Trotz der rechtskräftigen Verurteilung müssen der Verurteilte seine Haftstrafe nicht antreten, da der deutsche Staat ihn nicht ausliefert. Dies hat Tradition: Die wenigsten NS-Täter wurden für ihre Taten bestraft. In Deutschland wird man nicht gerne daran erinnert, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus von Deutschen begangen wurden.

Daher leben die Täter weiterhin ungestört in Ihrer Nachbarschaft - einer von Ihnen auch in Reinickendorf!

Wir werden diese Verhältnisse ändern:
Deshalb gehen wir in die Nachbarschaft des NS-Kriegsverbrechers und zeigen ihm, dass die ruhigen Zeiten vorbei sind! Nazi-Kriegsverbrecher aus der Anonymität holen!

Am Samstag, den 16. Juli 2011 rufen wir zu einer Kundgebung in der Nähe des Wohnhäuses auf.
Wir fordern, dass NS-Mörder ausgeliefert werden und sich dem italienischen Gericht und den Angehörigen der Ermordeten stellen!

Kein Vergeben, kein Vergessen den NS-Verbrechen!

Kundgebung am Sa, 16. Juli 2011 in Berlin
12.00 Uhr Reinickendorf: Becherweg / Lübener Weg (U8 Paracelsusbad)

Mehr Infos: http://ns-prozesse.blogspot.com

Mittwoch, 6. Juli 2011

Neun deutsche NS-Täter in Italien zu lebenslänglich verurteilt

DPA meldet:

Verona (dpa) - In einem der letzten großen Prozesse gegen NS-Täter sind in Italien neun Deutsche in Abwesenheit zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Ein Militärgericht in Verona befand die früheren Wehrmachtsangehörigen für schuldig, im Frühjahr 1944 an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen zu sein. Dabei starben insgesamt etwa 400 Zivilisten. Drei weitere Angeklagte waren während des Prozesses gestorben. Deutschland weigere sich bis heute, Täter aus der NS-Zeit ohne ihr Einverständnis auszuliefern, hatte die Arbeitsgemeinschaft Reggio-Emilia als Prozessbeobachterin kritisiert.

Dienstag, 5. Juli 2011

Heute Urteil erwartet

Heute ist in Verona im Prozess gegen Angehörige der Wehrmachtseinheit "Herman Göring" mit einem Urteil zu rechnen. Einzelheiten zu den Urteilen wird es hier auf den Blog geben. Da auch PressevertreterInnen von RTL und anderer Fernsehanstalten vor Ort sind, wird wohl auch in den TV-Nachrichten über die Urteile berichtet werden.

NOZ und NDR über Osnabrücker Angeklagten

Sowohl die Neue Osnabrücker Zeitung als auch der NDR berichten ausführlich über den Verona-Prozess. In den Berichten geht es um einen ehemaligen Angehörigen der Wehrmachtseinheit "Herman Göring" aus Osnabrück dem derzeit in Verona in Abwesendheit wegen Massakern an der Zivilbevölkerung der Prozess gemacht wird. Was diesen Angeklagten von den anderen acht noch lebenden Angeklagten unterscheidet ist, dass er einen eigenen Anwalt zu einigen Prozesstagen nach Verona entsandt hat.

Neue Osnabrücker Zeitung: Die späte Suche nach der Wahrheit (05.07.2011)


NDR: Kriegsverbrechen: Osnabrücker vor Gericht (05.07.2011)

Freitag, 24. Juni 2011

Zum aktuellen Stand des Prozesses in Verona (24.06.)

Einige Infos von der Prozessbeobachterin Marianne Wienemann, warum sich die Urteilsverkündung im Prozess gegen ehemalige Angehörige der Wehrmachtsdivision "Hermann Göring" immer wieder verschiebt:

"Aktuell sind es unerwartet lange Plädoyers, immer wieder notwendige Sitzungen der Richter, um Entscheidungen in Verfahrensfragen zu treffen oder - wie gestern geschehen - das Einbringen neuer Beweismittel von Seiten der Staatsanwaltschaft. Letzteres bedeutet, dass das ganze Verfahren "einen Schritt zurück gehen muss", d.h. den Anwälten muss die Gelegenheit gegeben werden, zu diesen neuen Beweismitteln Stellungnahmen abzugeben. Ist dann die Phase der Plädoyers abgeschlossen folgen die Repliken, deren Dauer nicht bekannt ist, und erst danach ziehen sich die Richter zur Beratung und Entscheidung über die Urteile zurück. Das Ganze dauert.

Das Gericht wollte ursprünglich schon im Frühjahr die Urteile fällen, dann hat es den 22. Juni genannt, danach den 5. Juli und jetzt den 6. Juli als wahrscheinlich bezeichnet, es kann aber auch der 7. Juli oder ein noch späterer Termin sein."

Wir werden Euch hier (http://ns-prozesse.blogspot.com/) auf dem Laufenden halten, wann mit einem Urteil zu rechnen ist. Aber auch ob und in welchen Städten es Veranstaltungen, Kundgebungen oder andere Reaktion bezüglich des Prozesses in Verona gibt.

Non Dimenticare mai! Soundtrack gegen das Vergessen

Diese Lieder sollen an die Massaker und deutschen Kriegsverbrechen in Italien erinnern. Sie verweisen darauf, daß Nazis und Faschist_innen bis heute weitestgehend ruhig und ungestört leben können. Die Opfer und ihre Familien aber sind traumatisiert und finden keine Ruhe. Der deutsche und der italienische Staat tun wenig um ihrer Verantwortung gerecht zu werden und endlich für eine Auseinandersetzung mit den Verbrechen zu sorgen. Ganz im Gegenteil, die juristische Aufarbeitung wurde in Italien bis 1994 und darüber hinaus ver- und behindert. In Deutschland werden italienische Urteile ignoriert und deutsche Kriegsverbrecher nach der Überführung aus Italien frei gelassen. Es ist Zeit, daß sich etwas ändert!

Soundtrack und weitere Infos auf der Seite von Analyse Kritik Aktion

Mittwoch, 22. Juni 2011

Kundgebungen gegen NS-Kriegsverbrecher in Berlin verschoben

Im Prozess gegen die angeklagten Wehrmachtsangehörigen vor dem Militärgericht Verona hat sich die Urteilsverkündung voraussichtlich auf den 5. Juli 2011 verschoben. Aufgrund rechtlicher Beschränkungen in Deutschland und weil wir die Urteilsverkündung abwarten wollen, sind die Kundgebungen am 25. Juni in Weißensee und Reinickendorf erstmal ausgesetzt. Doch die Täter wohnen dort weiterhin ruhig in ihren Häusern, deshalb werden wir zeitnah nach den Urteilen vor ihre Häuser ziehen. Wir warten nur den taktisch günstigen Zeitpunkt ab, denn ob morgen, übermorgen oder nächste Woche: Die ruhigen Zeiten werden vorbei sein! Also haltet Augen und Ohren offen und informiert euch ab 5. Juli über die einschlägigen Internetseiten oder über: http://ns-prozesse.blogspot.com

Achtet auf aktuelle Ankündigungen!

Dienstag, 21. Juni 2011

Kundgebung gegen NS-Kriegsverbrecher in Berlin am 25. Juni

Keine Ruhe den NS-Kriegsverbrechern in unserer Nachbarschaft!

Tatort: Norditalien, 1944.
Wohnort: Reinickendorf, 2011.

Auch in Ihrer Nachbarschaft lebt ein verurteilter NS-Kriegsverbrecher: Gerade werden zwei Berliner Senioren vor dem italienischen Militärgericht in Verona in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie beteiligten sich als Angehörige der Wehrmachtsdivision „Hermann Göring” an Massakern in Nord-Italien, bei denen mehrere Hundert unbeteiligte ZivilistInnen ermordet wurden. Trotz der rechtskräftigen Verurteilung müssen die Verurteilten ihre Haftstrafe nicht antreten, da der deutsche Staat sie nicht ausliefert.

Dies hat Tradition: Die wenigsten NS-Täter wurden für ihre Taten bestraft. In Deutschland wird man nicht gerne daran erinnert, dass die Verbrechen des Nationalsozialismus von Deutschen begangen wurden. Daher leben die Täter weiterhin ungestört in Ihrer Nachbarschaft, zwei Verurteilte auch in Weißensee und Reinickendorf.

Wir werden diese Verhältnisse ändern:
Deshalb gehen wir in die Nachbarschaft der NS-Kriegsverbrecher und zeigen ihnen, dass die ruhigen Zeiten vorbei sind! Nazi-Kriegsverbrecher aus der Anonymität holen!

Am Samstag, den 25. Juni 2011 rufen wir zu Kundgebungen in der Nähe der Wohnhäuser auf.
Wir fordern, dass NS-Mörder ausgeliefert werden und sich dem italienischen Gericht und den Angehörigen der Ermordeten stellen.

Kein Vergeben, kein Vergessen den NS-Verbrechen!


Kundgebungen am
Samstag, den 25. Juni 2011
14.00 Uhr Reinickendorf: Becherweg / Lübener Weg, Nähe U-Bhf. Paracelsus-Bad (U8)

Sonntag, 19. Juni 2011

Kriegsverbrecher-Prozess in Verona

Artikel von Analyse Kritik & Aktion Berlin


Non solo presente

 

Kriegsverbrecher-Prozess in Verona

Am 22. Juni soll im Militärgericht in Verona das Urteil über neun Kriegsverbrecher gesprochen werden, die sich zwischen März und Juni 1944 an Massakern in Nord-Italien beteiligt haben. Der Prozess, der am 11. November 2009 begann, betrifft Soldaten der Berliner Fallschirm-Panzer-Division "Hermann Göring", die sich in wenigen Jahren aus einer Kreuzberger Polizeieinheit mit „besonderen Aufgaben“ zu einer der größten und am besten ausgestatteten Wehrmachtsdivisionen entwickelte. Die Ermittlungen richteten sich gegen 14 Kriegsverbrecher. Davon wurden aufgrund des Todes der Täter lediglich 12 angeklagt. Im Verlaufe des Prozesses reduzierte sich die Zahl der angeklagten ehemaligen Wehrmachtssoldaten erneut. Die verbliebenen neun Nazis waren während des gesamten Verfahrens in Verona abwesend.
Als im Juli 1943 die Alliierten in Sizilien gelandet waren, wurde Benito Mussolini vom Großen faschistischen Rat abgesetzt und gefangengenommen. Die neue italienische Regierung schloß am 8. September ein Waffenstillstandsabkommen mit den alliierten Streitkräften, worauf die deutschen Besatzungstruppen mit der Entwaffnung der italienischen Verbände und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung reagierte. Mussolini wurde wenig später aus der Gefangenschaft befreit und in Norditalien das faschistische Terrorregime als sogenannte „Republik von Salò“ installiert.
Die Wehrmacht hinterließ bei ihrem Rückzug vor den vorrückenden alliierten Streitkräften eine blutige Spur. In zahlreichen Massakern töteten Soldaten hunderte Zivilist_innen. [1] Der für Italien verantwortliche deutsche Heeres- und Luftwaffenoffizier Albert Kesselring entfachte mit seinen sogenannten „Sühnemaßnahmen“ den Terror an der Bevölkerung in italienischen Städten und Dörfern. Der Vernichtungsfeldzug kostete tausende italienische Soldat_innen, Partisan_innen und vor allem Zivilist_innen das Leben. Ganze Dörfer wurden ausgelöscht. Das Vieh und landwirtschaftliche Produktion wurden vernichtet und Italiener_innen als Zwangsarbeiter_innen nach Deutschland verschleppt.

Die Elite der nationalsozialistischen Soldaten

Neben den Einheiten der Waffen-SS müssen bei diesem Vernichtungsfeldzug die Soldaten der Berliner Fallschirm-Panzer-Division „Hermann Göring“ besonders hervorgehoben werden.

Samstag, 18. Juni 2011

Radiobeitrag zum Verona-Prozess

Eine interessante Sendung zu den Hintergründen des Massakers und den verhinderten Ermittlungen wurde bei Radio Corax Anfang Mai ausgestahlt und kann runtergeladen werden kann. Im Interview erzählt Matthias Durchfeld von Istoreco über die Hintergründe des Verfahrens.

Radio-Beitrag Radio Corax 

Audiomitschnitt der Veranstaltung zum Verona-Prozess

Am 27.05.2011 fand in Berlin eine sehr interessante Veranstaltung zum aktuellen Prozess vorm Militärgericht in Verona  gegen ehemalige Angehörige der Wehrmachtseinheit Hermann Göring statt.
Hier zur inhaltliche Einbettung noch einmal die Veranstaltungsankündigung zum Audiomitschnitt:

Am 22. Juni wird das Urteil des Militärgerichts Verona gegen zehn ehemalige Wehrmachtsangehörige erwartet. Es ist einer der letzten NS-Prozesse dieser Größenordnung. Die Staatsanwaltschaft wird nach eigenen Angaben für alle Angeklagten lebenslange Haftstrafen beantragen. Nebenkläger sind hunderte Angehörige der Opfer, die Provinzen Toskana und Emilia Romagna und lokale Gemeindeverwaltungen. Die Angeklagten werden nicht vor Gericht erscheinen.
Den ehemaligen Angehörigen der Fallschirm-Panzerdivision „Hermann Göring“ wird vorgeworfen, im Frühjahr 1944 bei als „Partisanenbekämpfung“ getarnten Massakern in Norditalien über 400 ZivilistInnen ermordet zu haben. Trotz der Schwere der Vorwürfe wird in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt. Deutschland weigert sich bis heute, Täter aus der NS-Zeit ohne ihr Einverständnis auszuliefern:
„Die deutsche Regierung ist dafür verantwortlich, dass keine der im Ausland verurteilten NS-Täter jemals ihre Haftstrafen antreten müssen, sondern hier unbehelligt ihren Lebensabend genießen können“, so Anne Lepper, Pressesprecherin der AG Reggio-Emilia. Ohne bisherige Berichterstattung in deutschen Medien findet der Prozess erst über 65 Jahre nach den Ereignissen statt. Viele Angehörige der Opfer sind mittlerweile gestorben.

Dienstag, 14. Juni 2011

´Jungle World` zum Verona Prozess

Im Saal der leeren Stühle

In Italien finden derzeit die letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse statt. Die deutsche Öffentlichkeit scheint das nicht zu ­interessieren.
von Peter Nowak

Die Staatsanwaltschaft des Militärgerichts von Verona hat gegen Horst Günther, Erich Köppe, Alfred Gabriel Lühmann, Günther Heinroth, Helmut Odenwald, Ferdinand Osterhaus, Fritz Olberg, Wilhelm Karl Stark und Hans Georg Winkler lebenslängliche Haftstrafen wegen ihrer Beteiligung an Verbrechen der deutschen Wehrmacht während des Zweiten Weltkriegs gefordert. Selbst wenn das Gericht diesem Antrag bei der für den 22. Juni geplanten Urteilsverkündung folgt, brauchen sich die Angeklagten, die an den Verhandlungen nicht teilnehmen, genauso wenig Sorgen zu machen wie die drei ehemaligen Wehrmachtssoldaten, die am 25. Mai von einem Militärgericht in Rom wegen der Beteiligung an Wehrmachtverbrechen zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden sind. Die deutsche Regierung wird sie nicht ausliefern, und in ihrem Herkunftsland müssen die ehemaligen Mitglieder der Fallschirm-Panzer-Division »Hermann Göring« kein Verfahren befürchten.

´der Freitag` zum Verona Prozess

 

Die späte Gerechtigkeit

In Rom wurden drei der letzten Wehrmachtssoldaten verurteilt, über neun weitere soll im Juni entschieden werden. Doch eine Auslieferung haben sie nicht zu fürchten

(von Peter Nowak )

Jung sind die Verurteilten nicht gerade: Zwischen 88 und 94 Jahre sind die drei deutschen Staatsbürger alt, die letzte Woche von einem Militärgericht in Rom zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurden. Das Gericht befand sie für schuldig, im August 1944 in der Ortschaft Padule di Fucecchio nahe Florenz an der Ermordung von 184 Zivilisten - zum Großteil Frauen, Kinder und alte Menschen - beteiligt gewesen zu sein. Zeitgleich forderten die Staatsanwälte beim Militärgericht in Verona eine lebenslängliche Haftstrafe gegen neun ehemalige Wehrmachtsangehörige. Den ehemaligen Angehörigen der Fallschirm-Panzerdivision „Hermann Göring“ wird vorgeworfen, im Frühjahr 1944 bei als „Partisanenbekämpfung“ getarnten Massakern in Norditalien über 400 Zivilisten ermordet zu haben. Am 22. Juni soll in diesen Fall das Urteil gefällt werden.
Eine Verhaftung haben die Angeklagten ebenso wenig zu fürchten, wie diejenigen, die jetzt in Rom schuldig gesprochen wurden. Als deutsche Staatsbürger können sie nicht nach Italien ausgeliefert werden. Die deutsche Justiz hat aber auch erklärt, dass ihr die Beweise nicht ausreichen, um eigene Verfahren einzuleiten. Eine öffentliche Auseinandersetzung darüber gibt es in Deutschland kaum.
Opfer: Kinder, Alte, Kranke

taz-Artikel zum Verona-Prozess

Im Folgenden dokumentieren wir einen Artikel der tageszeitung zum NS-Kriegsverbrecherprozess in Verona:

Verbrechen bleiben ungesühnt

In Italien geht einer der letzten Prozesse gegen Soldaten der Wehrmacht zu Ende. Ihnen wird besonders schwerer Mord vorgeworfen. Belangt werden sie wohl nicht. VON KATHARINA ZEIHER


Ende März besuchte Papst Benedikt XVI die Ardeatinischen Höhlen in Rom, einer der Orte an denen die Wehrmacht italienische Zivilisten ermordete. Foto: rtr
BERLIN taz | Ihren Lebensabend werden die alten Männer wohl in Deutschland in Ruhe und Frieden verbringen können, trotz der Forderung nach lebenslanger Haft. Wehrmachtssoldaten der Fallschirm-Panzerdivision "Hermann Göring" wird vorgeworfen, im Frühjahr 1944 bei Massakern in Norditalien rund 400 ZivilistInnen ermordet zu haben. Seit 2009 wird zumindest einigen von ihnen am Militärgericht im italienischen Verona der Prozess gemacht - in Abwesenheit der Angeklagten. Denn Deutschland weigert sich bis heute, sie an Italien auszuliefern.
Es handelt sich um einen der letzten großen Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher, der zurzeit im Veneto kurz vor dem Abschluss steht. Nach der Invasion der Alliierten auf Sizilien und Mussolinis Entmachtung besetzten deutsche Truppen 1943 Nord- und Mittelitalien. Gemeinsam mit faschistischen Milizen gingen Wehrmachtssoldaten und Mitglieder der Waffen-SS brutal gegen den erstarkenden Widerstand der Bevölkerung vor und führten unter dem Deckmantel der "Partisanenbekämpfung" in den letzten Kriegsmonaten einen grausamen Feldzug. Ganze Dörfer löschten sie aus und ermordeten dabei wahllos Frauen, Männer und Kinder.

Italien: Prozess gegen NS-Kriegsverbrecher in Verona

Aus einer Pressemitteilung der AG Reggio-Emilia:

Berlin, 19. Mai 2011
Verona: Einer der letzten großen Prozesse gegen deutsche NS-Täter kurz vor Urteilsverkündung
Lebenslange Haftstrafen beantragt/Prozessbeobachterin zu Gast in Berlin
Am 22. Juni wird das Urteil des Militärgerichts Verona gegen zehn ehemalige Wehrmachtsangehörige erwartet. Es ist einer der letzten NS-Prozesse dieser Größenordnung. Die Staatsanwaltschaft wird nach eigenen Angaben für alle Angeklagten lebenslange Haftstrafen beantragen. Nebenkläger sind hunderte Angehörige der Opfer, die Provinzen Toskana und Emilia Romagna und lokale Gemeindeverwaltungen.
Den ehemaligen Angehörigen der Fallschirm-Panzerdivision „Hermann Göring“ wird vorgeworfen, im Frühjahr 1944 bei als „Partisanenbekämpfung“ getarnten Massakern in Norditalien über 400 ZivilistInnen ermordet zu haben. Trotz der Schwere der Vorwürfe wird in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt. Deutschland weigert sich bis heute, Täter aus der NS-Zeit ohne ihr Einverständnis auszuliefern:
„Die deutsche Regierung ist dafür verantwortlich, dass keine der im Ausland verurteilten NS-Täter jemals ihre Haftstrafen antreten müssen, sondern hier unbehelligt ihren Lebensabend genießen können“, so Anne Lepper, Pressesprecherin der AG Reggio-Emilia.
Ohne bisherige Berichterstattung in deutschen Medien findet der Prozess erst über 65 Jahre nach den Ereignissen statt. Viele Angehörige der Opfer sind mittlerweile gestorben.
Prozessbeobachterin Marianne Wienemann betont: „Der Prozess ist die längst fällige Auseinandersetzung mit einer Geschichte, die von der Allgemeinheit verdrängt und vergessen wurde. Jetzt gilt es, diese aus den Mauern des Gerichtes in die Öffentlichkeit zu tragen!“
Marianne Wienemann wird auf Einladung der AG Reggio-Emilia vom aktuellen Stand in Verona berichten und auf Besonderheiten von NS-Strafprozessen in Italien eingehen. Sie ist freie Mitarbeiterin des Istoreco (Institut zur Geschichte der Resistenza und zur Zeitgeschichte in Reggio-Emilia) und steht nach Anmeldung gern für Interviews zur Verfügung.
Gespräch mit Prozessbeobachterin: „Die Angeklagten erscheinen nicht…“
Freitag, 27. Mai 2011, 19 Uhr, Statthaus Böcklerpark, Prinzenstr.1a, Berlin